20.02.2024 - Wunschlos glücklich

2023 kamen zwei Wohnungen zum Eigentum der Stiftung hinzu. Die eine war ein Geschenk, die andere wurde zum Marktpreis gekauft. Das war möglich, weil der Verein BISS eine Hälfte der Wohnung geerbt hatte und diesen Anteil der Stiftung überließ. Die andere Hälfte bekam ein Miterbe, ebenfalls ein sozialer Verein. Da beide Wohnungen für BISS-Verkäufer und Wohnungssuchende in unserem Umfeld zu groß waren, hat die Stiftung sie der Stadt München für 15 Jahre zur Belegung überlassen. Die erste Wohnung ist bereits seit Juni 2023 vermietet.

Wohnung in München
Schenker und Beschenkte: Klarita Kurro, die Söhne Rayan und Thanas Kourro, Michalaki Kourro sowie Herr L. und Frau L.

Text: Hildegard Denninger
Fotos: Hannes Rohrer

 

Das unglaubliche Geschenk

Wie dankt man Menschen, die eine schöne, über 90 Quadratmeter große Wohnung in Schwabing kaufen und sie sofort nach Eintrag im Grundbuch weiterschenken, damit Menschen, die in prekären Wohnverhältnissen leben oder obdachlos sind, dauerhaft untergebracht werden können? Darüber machte ich mir viele Gedanken, als sich genau das ereignete.

Bett Kinder
Beide Kinder und auch die Großmutter Lindita Lamaj haben nun ein eigenes Bett.

Letzten Endes konnte ich nichts anderes tun als das, was ich immer mache, wenn wir Zuwendungen bekommen: einen Brief schreiben, mich von ganzem Herzen für die Großzügigkeit bedanken, eine Spendenquittung schicken und in diesem Fall ein BISS-Büchlein beilegen, sozusagen als kleines Gegengeschenk.

Bett Großmutter

Herrn und Frau L. ist es ein Anliegen, auszugleichen und die Gesellschaft zusammenzuhalten. Sie geben von ihrem Besitz ab, weil sie es sich leisten können und – das ist der Punkt – weil sie großzügig sind, empathisch und weil sie Menschen mögen. Als wir uns mit ihnen bei der Übergabe der Wohnung, beim Notar oder beim Fototermin trafen, ging mir immer das Herz auf. Denn „geteilte Freud“ war hier dreifache Freud. Es waren einfach alle glücklich, die neuen Mieter, die Schenker und wir Stiftungsleute. Alle strahlten um die Wette. Diese Schenkung hat sogar einen alten Notar in Erstaunen versetzt, der sagte, so etwas hätte er in den 40 Jahren seiner Amtszeit noch nicht erlebt. Vererben schon, aber verschenken, einfach so, warum? Sie stehe, so meinte die Schenkerin darauf lapidar, nicht auf große Yachten.

Der Quantensprung

Als wir im Mai 2023 die Familie Kourro aus zehn Vorschlägen von Wohnungssuchenden der Stadt München aussuchten, freuten wir uns für die Familie, aber es fiel uns auch schwer, die anderen Familien abweisen zu müssen. Denn alle, die sich um die Wohnung bewarben, waren hier in München beschäftigt und arbeiteten in Berufen, die wir so dringend in Deutschland brauchen.

Küche

Alle waren hart arbeitende, sympathische Leute mit kleinen und größeren Kindern, die schon lange auf eine Wohnung warteten, um aus Unterkünften, Pensionen oder sehr beengten Verhältnissen ausziehen zu können. Wir haben uns für Familie Kourro entschieden, weil sie die kleinste Wohnung von allen Bewerbern hatten, zusammen mit Großmutter und Kindern zu fünft auf knapp 30 Quadratmetern wohnten, die Eltern beide als Postboten arbeiteten und der jüngste Sohn Rayan mit fast drei Jahren dringend einen Kindergartenplatz brauchte. Können Sie sich die Freude dieser Familie vorstellen, als sie den Mietvertrag unterschrieben, der sie innerhalb von zwei Wochen von 30 auf 94 Quadratmeter Wohnfläche hochkatapultierte?

Die Geschichte einer mutigen Familie

Herr Kourro und Frau Kurro kamen im April 2015 nach München, die Mutter kam 2021 nach. Da Herr Kourro einen griechischen Pass hat, also EU-Bürger ist, brauchte er keine Arbeitserlaubnis. Seine Frau hat einen albanischen Pass, deshalb heißt sie, obwohl die beiden verheiratet sind, Kurro, ohne o. Eine Schwester von Frau Kurro lebte schon einige Jahre in München, bei der kamen sie erst mal unter.

Kourro war 14 Jahre lang Profi-Fußballer in Albanien. Nachdem er sich das Bein gebrochen hatte, arbeitete er in der Gastronomie. Frau Kurro hat Schneiderin gelernt und verdiente sich ebenfalls in Restaurants ihren Lebensunterhalt, aber beide sahen in ihren Heimatländern wenig Chancen auf eine gute Zukunft für sich oder für die Kinder, die sie sich wünschten. So kamen sie an einem Sonntag im April 2015 über Griechenland nach Deutschland. Am darauffolgenden Montag begann Herr Kourro in einer Putzfirma zu arbeiten, er wurde Vorarbeiter und blieb sieben Jahre bei dem Gebäudereiniger. Dann bewarb er sich bei der Deutschen Post und arbeitet seitdem als Zusteller. Auch seine Frau arbeitet nun dort. Herr Kourro wollte das zuerst nicht, weil es vor allem im Winter eine schwere Arbeit ist, wie er sagt. Aber Frau Kurro setzte sich durch und ist sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Da sie anfangs immer mit Kollegen aus Albanien zusammenarbeitete, ist ihr Deutsch nicht ganz so gut wie das ihres Mannes. Sein Deutsch sei besser, erklärt Herr Kourro, weil er einige Monate mit im Zimmer seines Chefs saß, wo er bei vielen Gesprächen zuhören konnte und selbst öfter Deutsch sprechen musste.

Stiftungsrat
Hildegard Denninger (links) und Hanna Wenzel, zwei die gerne zusammenarbeiten.

Frau Kurro möchte bald einen Sprachkurs machen. Noch geht es nicht, da sie vormittags arbeitet und sich nachmittags um die Kinder kümmert. Aber wir sind uns sicher, dass sie das schaffen wird. Eine Frau, die sich trotz Widerstands die Arbeit gesucht hat, die sie wollte, die ihre Mutter nachgeholt hat, damit sie nach dem zweiten Kind wieder arbeiten kann, die jahrelang mit ihrer Familie auf knapp 30 Quadratmetern lebte, die wird sich auch Zeit für einen Sprachkurs freischaufeln. Herr Kourro ist ein mutiger, tüchtiger Mann, aber die Frauen in seiner Familie stehen ihm in nichts nach. Denn auch seine Schwiegermutter nahm viel auf sich, um der Familie zu helfen. Von 2021 bis Juni 2023 schlief sie immer abwechselnd zwei Nächte bei ihnen und zwei Nächte bei ihrer anderen Tochter. Bei der Vertragsunterzeichnung ging sie immer wieder mit einem glücklichen Lächeln durch die Räume, so, als könne sie es gar nicht fassen, dass sie nun hier wohnen würde. Frau Kurro sagte auf meine Frage hin, was ihr in Deutschland nicht so gefallen würde und was sie sich für die Zukunft wünsche, sie könne da gar nichts sagen, weil sie vollkommen zufrieden sei mit ihrem Leben, seit sie die Wohnung gefunden haben, die Kinder in die nahe gelegene Kita beziehungsweise in die erste Klasse Grundschule gehen und die Mutter nicht mehr alle zwei Tage den Schlafplatz wechseln muss. Sie sei wunschlos glücklich!

Dann haben mein Mann und ich Herrn Kourro, dem ehemaligen Profi-Fußballer, zugeredet, dass er doch seine beiden Söhne in einem Fußballverein anmelden und sich selbst vielleicht einmal in der Woche als Trainer für eine Jugendmannschaft zur Verfügung stellen solle. Mein Mann war jahrelang mit anderen Vätern ein begeisterter und lautstarker Zuschauer, als unser Sohn beim FC Wacker seine ersten Fußball-Erfahrungen machte. Wir wissen also aus Erfahrung, dass Sportvereine das Beste für Kinder sind, da dort alle Nationalitäten aufeinandertreffen, Spaß haben, Multikulti-Teams gebildet werden und Deutsch gesprochen werden muss, um sich zu verständigen. Wir hätten aber gar nicht so vehement dafür werben müssen, da Herr Kourro sowieso schon mit Sohn Thanas zwar nicht in einen Verein, aber regelmäßig in den Park zum Fußballspielen mit anderen Kindern geht. Weil wir gerade bei „glücklich“ sind: Seit März vorigen Jahres bin ich, was die Stiftung betrifft, ebenfalls wunschlos glücklich, denn seitdem habe ich Hanna Wenzel an meiner Seite. Sie arbeitet in Teilzeit von Montag bis Donnerstag und ist mir eine sehr große Hilfe. Die Zahl der Wohnungen kann also weiterwachsen, Hanna und ich sind gerüstet!

 

Die 14 stiftungseigenen Wohnungen auf einen Blick

Zugang 2015:

Das Appartement in Obersendling

Unsere allererste Wohnung haben wir von einer Gönnerin von BISS gekauft und den Mieter, den wir jetzt auch betreuen, zu gleichen Bedingungen übernommen.

Zugang 2016:

Die 3-Zimmer- Wohnung in Solln

Diese Wohnung konnten wir ebenfalls von einer BISS-Gönnerin erwerben und darin nach einer Sanierung unsere erste BISS-Wohngemeinschaft unterbringen. Eigentlich sind die Mietverträge befristet, aber nur einer der Herren konnte 2017 ein eigenes Appartement anmieten, sodass ein anderer obdachloser BISS-Verkäufer das Zimmer beziehen konnte

Zugang 2017:

Das Appartement in Sendling/Westpark

Diese Schenkung hat der Verein BISS 2013 von einem Geschwisterpaar erhalten. Der langjährige Mieter wurde zu gleichen Bedingungen übernommen. 2017 wurde die Immobilie mit ihrer Zustimmung auf die Stiftung BISS übertragen.

Zugang 2017:

Das Appartement in Berg am Laim

Wie die Wohnung in Solln wurde dieses Appartement befristet vermietet, in der Hoffnung, für unsere Verkäuferin dauerhaft außerhalb von BISS eine Wohnung zu finden. Die Hoffnung wurde bislang nicht erfüllt.

Zugang 2017/Umwidmung 2020:

Das Dachgeschoss in Karlsfeld

Diese Wohnung wurde bis zum Sommer 2019 vereinbarungsgemäß von den bisherigen Eigentümern bewohnt. Nach der Renovierung zog im Februar 2020 eine vierköpfige syrische Flüchtlingsfamilie ein, die schon einige Jahre in einer Unterkunft in Karlsfeld gelebt hatte.

Zugang 2019:

Die 2-Zimmer-Wohnung in Laim

Hier hat eine BISS-Verkäuferin zusammen mit ihren betagten Eltern ein Zuhause gefunden. Sie sind aus einer 2-Zimmer- Wohnung, die sie sich mit sieben Personen teilten, „ins Paradies umgezogen“.

Zugang 2020:

Die 2-Zimmer- Wohnung in Starnberg

Die Stiftung ist nur Eigentümerin der Wohnung, Grund und Boden gehen nach etwa 50 Jahren in den Besitz einer Firma über, an die die Stadt Starnberg das Erbbaugrundstück verkauft hat. Die Wohngemeinschaft besteht aus zwei BISS-Verkäufern, die auch nach Dienstschluss Deutsch üben können, denn ihre Muttersprachen sind Slowakisch und Rumänisch.

Zugang 2021:

Die 2,5-Zimmer-Wohnung in Martinsried

Diese Wohnung haben wir der Großzügigkeit einer Gönnerin von BISS zu verdanken. Sie verkaufte uns die Wohnung zum Marktpreis, wir mussten aber nur 25 % bezahlen und durften den Rest mit einer Spendenquittung begleichen. Die Mieter haben wir zu den alten Bedingungen übernommen.

Zugang 2021:

Das Appartement in Laim

In die zweite Wohnung, die wir in Laim erwerben konnten, ist ein BISS-Verkäufer eingezogen, der zuvor lange in einer Pension gelebt hatte.

Zugang 2022:

Die 4-Zimmer-Wohnung in Hadern

Diese Wohnung war Teil der Erbschaft, die wir Anfang 2022 erhalten haben (siehe Artikel S. 22). Die Mieter, eine Familie, die schon seit 2015 dort wohnte, wurden zu gleichen Bedingungen übernommen.

Zugang 2022:

Das Appartement in Berg am Laim

Dieses Appartement hatte der Verein BISS 2015 von einer Unterstützerin angemietet, es hergerichtet und untervermietet an einen BISS-Verkäufer. Die Eigentümerin hatte damals versprochen, das Appartement später an die Stiftung BISS zu verkaufen. Sie hat Wort gehalten! Der Verkäufer hat jetzt einen festen Arbeitsplatz anderswo, aber er bleibt weiterhin Mieter.

Zugang 2022:

Die 2-Zimmer-Wohnung in Sendling

Ende 2022 konnten wir noch eine Wohnung in Sendling erwerben, die wir, wie schon unsere Wohnung in Karlsfeld, an den Verein Münchner Freiwillige – Wir helfen e. V. vermieteten, der darin 2023 eine Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan unterbrachte.

Zugang 2023:

Die 3-Zimmer-Wohnung in Schwabing

Diese große Wohnung, die uns dankenswerterweise ein Ehepaar geschenkt hat, haben wir der Stadt München zur Belegung überlassen. Mit der Landeshauptstadt haben wir dazu einen Belegbindungsvertrag geschlossen. Die ersten Mieter, eine fünfköpfige Familie aus Albanien, zog im Juni 2023 glückstrahlend ein.

Zugang 2023:

Die 3-Zimmer-Wohnung in Au-Haidhausen

Diese Wohnung mit fast 100 Quadratmetern konnten wir erwerben, weil der Verein BISS e. V. die Hälfte der Wohnung geerbt hatte und seinen Anteil an die Stiftung BISS weitergab. Da sie zu groß ist für Wohnungssuchende in unserem Umfeld, wurde sie ebenfalls ins Belegrechtsprogramm der Stadt München aufgenommen.

 

Wie kann man die Stiftung beim Kauf von geeigneten Immobilien zur Versorgung und Betreuung armer, ausgegrenzter Menschen unterstützen?

  • Mit Spenden, die zum Kauf beitragen
  • Mit Schenkungen, Vermächtnissen, Erbschaften
  • Mit einem moderaten Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement
  • Mit einem Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement zum Marktpreis, das die Stiftung ganz oder teilweise mit einer Spendenquittung begleichen kann

Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft

Stiftung BISS, Konto-Nr. 8872700, BLZ: 370 205 00
IBAN: DE12 3702 0500 0008 8727 00
BIC: BFSWDE33XXX

www.stiftungbiss.de
info@stiftungbiss.de

Stiftung BISS, Metzstraße 29, 81667 München
Telefon über BISS e. V.:
089 332033 / Frau Denninger
Mobil: 0160 4424367

Vorstand:

Hildegard Denninger (Vorsitzende),
Dr. Giovanna Runggaldier

Stiftungsrat:

Richard Matzinger (Vorsitzender),
Dipl.-Ing. Bert Kühnöhl,
Prof. Dr. Joachim Braun