07.02.2023 - Ein unverhofftes Erbe

2022 ist in der Stiftung viel geschehen: Nach zwei Jahren Corona-Pause konnten endlich wieder Bildungsprojekte gefördert werden und die Zahl der stiftungseigenen Wohnungen erhöhte sich von neun auf elf. Die Stiftung wurde zum ersten Mal als Testamentsvollstreckerin berufen und konnte in diesem Zusammenhang in einen bestehenden Mietvertrag eintreten. Diese Wohnung haben wir an Geflüchtete aus der Ukraine untervermietet.

Wohnung in München

Text: Hildegard Denninger
Fotos: Hannes Rohrer

 

Förderung der Bildung im Kongo und vor Ort

Wir haben uns gefreut, als wir im Dezember 2021 einen Förderantrag für das Schulprojekt in der Republik Kongo erhielten, das wir seit Beginn im Jahr 2012 immer wieder unterstützt haben. Somit konnten wir dazu beitragen, dass es weiterging. Der Plan, eine kostenlose Schule im Kongo zu errichten, die sich durch eine Bäckerei finanziert, ist aufgegangen – auch weil die Initiatoren Simon Zimmermann und Rodrick Sampu nie aufgegeben haben. Die Bäckerei ist schon seit 2018 in Kinshasa in Betrieb, in der Schule konnten 2021 die ersten zwei Klassen mit 60 Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden. Es sollen jetzt noch zwei Stockwerke mit Platz für 800 weitere Schülerinnen und Schüler dazukommen. Träger des Projekts ist der Verein Centre Ya Bana, der sowohl in Deutschland als auch im Kongo als gemeinnützig anerkannt ist. In der BISS-Ausgabe 11/2022 wurde ausführlich über das erfolgreiche Sozialprojekt berichtet.

Auch hierzulande konnten wir etlichen Erwachsenen und Kindern Deutschunterricht ermöglichen und eine junge Frau unterstützen, die im München-Kolleg ihr Abitur macht. Der Grundschule in der Guardinistraße haben wir eine Förderung für das Projekt „Kinder treffen Künstler“ zukommen lassen.

Angekommen in München
Angekommen in München: Anna, Igor und Oleksandr

Eigentum ist Last

Ich habe meinen Mann vor 40 Jahren – abgesehen von der Liebe – auch deswegen geheiratet, weil wir uns einig darüber waren, niemals eine Wohnung zu kaufen, geschweige denn ein Haus zu bauen. Wir wollten in eine Mietwohnung ziehen, bei der Eigentümer oder Hausverwaltung für alle Probleme zwischen Keller und Dach zuständig sind. Wo man sich außer um die Zahlung der Miete und die Reinigung der Wohnung um nichts weiter kümmern muss. Dieser Wunsch war unserer Kindheit und Jugend auf dem Land geschuldet. Wir sind Nachkriegskinder, deren Familien alles verfügbare Geld einsetzten, um Stall, Scheune und Haus zu bauen. Wir wussten daher aus eigener Erfahrung, dass Eigentum nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit und Mühe kostet. Wir beide hatten andere Pläne, wie wir leben, unsere Zeit nutzen, wofür wir arbeiten und Geld ausgeben wollten.

Eine Küche mit allem Drum und Dran
Eine Küche mit allem Drum und Dran – viel und gern genutzt von Anna und Oleksandr.

Eigentum ist Lust

Damals hätte ich mir nicht vorstellen können, wie froh ich heute bin, wenn die Stiftung Wohnraum erbt oder wir eine Wohnung kaufen können. Und sollten wir jemals ein Grundstück erben – klein oder groß, egal –, dann würde ich heute sogar mit Freuden bauen. Denn das hieße, dass wir wenigstens in unserem Umfeld Wohnungsnot lindern, Mieten deckeln und dem Vertreiben von armen Menschen und Normalverdienern aus den Innenstädten etwas entgegensetzen können. Und gleichzeitig die Schraube kurz anhalten, die Immobilienpreise und Mieten hochtreibt. Wir kennen zu viele Menschen, die schlecht oder gar nicht untergebracht sind, die in prekären Verhältnissen leben und sich keine hohen Mieten leisten können. Deshalb tun wir (fast) alles, um an dauerhaften Wohnraum zu kommen. Das ist mühsam und oft vergebene Mühe, aber manchmal bekommen wir eine Wohnung, auch ohne unser Zutun.

Igor und seinem Cousin Maximilian macht es Spaß.
Deutsch lernen mit „Lucky Luke“. Igor und seinem Cousin Maximilian macht es Spaß.

Die Erbschaft

Ein im Februar 2022 verstorbenes Ehepaar hat die Stiftung BISS testamentarisch zur Alleinerbin berufen und mit der Abwicklung seines Nachlasses betraut. Wir waren sehr bewegt von diesem großen Vertrauen, das uns die Verstorbenen entgegengebracht hatten, und erfüllten alle Vermächtnisse und Wünsche buchstabengetreu, Punkt für Punkt. Zuerst ging ich ein wenig zaghaft an die Sache heran, da wir auch mit einem Museum verhandeln und Kunstgegenstände ausliefern mussten – und Kunst ist nicht mein Fachgebiet. Aber gemeinsam mit dem BISS-Team und großer Unterstützung meines Mannes klappte das ganz hervorragend. Wir kümmerten uns um die Mietwohnung, in der die Eheleute gelebt hatten, und um ihre 4-Zimmer-Wohnung, die ins Eigentum der Stiftung überging, um die Finanzen, die Zustellung der Vermächtnisse, die Ab- und Ummeldungen bei Behörden und Versicherungen sowie um die Steuererklärung beim Finanzamt. Es dauerte von Mitte April (da erhielten wir das Schreiben des Nachlassgerichtes, das die Stiftung als Erben auswies) bis Ende September, bis wir alles ordentlich zu Ende gebracht hatten. Und da wir keine anwaltliche Hilfe gebraucht hatten, fielen für die Stiftung keinerlei Kosten bei der Testamentsvollstreckung an. Ganz im Gegenteil! Wir erlebten noch eine große Überraschung: Das verstorbene Ehepaar hatte in einer 3-Zimmer-Wohnung in einer großen Wohnanlage zur Miete gewohnt. Diese Wohnung, deren Einrichtung der Verein BISS erbte, konnte die Stiftung BISS als Erbe und Nachmieter zu gleichen Bedingungen übernehmen und so ukrainischen Flüchtlingen zu einer komplett eingerichteten, bezugsfertigen Wohnung verhelfen. Die junge Familie, die eine lange, lebensgefährliche Reise von der Ukraine über Russland bis München hinter sich hatte und zusammen mit vier weiteren Personen in einer Kirchengemeinde einige Monate notdürftig untergebracht war, konnte ihr Glück kaum fassen. Der kleine Sohn kam in der nahe gelegenen Schule unter, er versteht und spricht schon recht gut Deutsch. Die Eltern nehmen an einem Intensiv-Sprachkurs teil und wollen so bald wie möglich Arbeit finden. Wir sind froh, dass sich alles so gut gefügt hat. Und wir werden immer in Dankbarkeit an die Verstorbenen denken, die uns so viel Vertrauen geschenkt haben. Sie haben uns nicht nur ihre Eigentumswohnung vermacht, sondern auch noch für die Stiftung den Weg geebnet, sodass wir in ihren alten Mietvertrag einsteigen konnten. Was mich privat betrifft, so habe ich meine Meinung über Besitz nicht geändert. Wenn ich gelegentlich als Vertreterin der Stiftung nach einer Eigentümerversammlung spät nach Hause in unsere schöne 2 1/2-Zimmer-Wohnung komme, dann setze ich mich auf die Couch, lege die Füße hoch, mein Mann macht mir einen heißen Tee und wir sind beide glücklich, keine Handwerker beauftragen zu müssen, nicht auf Kostenvoranschläge (die nie kommen) warten zu müssen, sondern all das unserer Hausverwaltung überlassen zu dürfen. Wir sind Mieter, das ist wunderbar!

Was jedoch die Stiftung betrifft, so schreckt mich das alles nicht. Denn wir haben in unserem BISS-Netzwerk alle Fachleute, die es braucht, um Wohnungen zu kaufen, zu renovieren oder zu bauen. Und wir haben Menschen wie Sie an unserer Seite, die uns begleiten, uns vertrauen, die uns spenden, uns in Testamenten bedenken und manchmal sogar eine Wohnung vererben. Und das ist noch wunderbarer! Denken Sie aber immer zuerst an sich und Ihre Familie – und wenn dann noch etwas übrigbleibt, dürfen Sie ruhig auch an uns denken!

 

Die 11 stiftungseigenen Wohnungen auf einen Blick

Anna neben Hildegard Denninger: Geteilte Freud ist doppelte Freud!é
Anna neben Hildegard Denninger: Geteilte Freud ist doppelte Freud!

Zugang 2015:

Das Appartement in Obersendling

Unsere allererste Wohnung haben wir von einer Gönnerin von BISS gekauft und den Mieter, den wir jetzt auch betreuen, zu gleichen Bedingungen übernommen.

Zugang 2016:

Die 3-Zimmer- Wohnung in Solln

Diese Wohnung konnten wir ebenfalls von einer BISS-Gönnerin erwerben und darin nach einer Sanierung unsere erste BISS-Wohngemeinschaft unterbringen. Eigentlich sind die Mietverträge befristet, aber nur einer der Herren konnte 2017 ein eigenes Appartement anmieten, sodass ein anderer obdachloser BISS-Verkäufer das Zimmer beziehen konnte

Zugang 2017:

Das Appartement in Sendling/Westpark

Diese Schenkung hat der Verein BISS 2013 von einem Geschwisterpaar erhalten. Der langjährige Mieter wurde zu gleichen Bedingungen übernommen. 2017 wurde die Immobilie mit ihrer Zustimmung auf die Stiftung BISS übertragen.

Zugang 2017:

Das Appartement in Berg am Laim

Wie die Wohnung in Solln wurde dieses Appartement befristet vermietet, in der Hoffnung, für unsere Verkäuferin dauerhaft außerhalb von BISS eine Wohnung zu finden. Die Hoffnung wurde bislang nicht erfüllt.

Zugang 2017/Umwidmung 2020:

Das Dachgeschoss in Karlsfeld

Diese Wohnung wurde bis zum Sommer 2019 vereinbarungsgemäß von den bisherigen Eigentümern bewohnt. Nach der Renovierung zog im Februar 2020 eine vierköpfige syrische Flüchtlingsfamilie ein, die schon einige Jahre in einer Unterkunft in Karlsfeld gelebt hatte.

Zugang 2019:

Die 2-Zimmer-Wohnung in Laim

Hier hat eine BISS-Verkäuferin zusammen mit ihren betagten Eltern ein Zuhause gefunden. Sie sind aus einer 2-Zimmer- Wohnung, die sie sich mit sieben Personen teilten, „ins Paradies umgezogen“.

Zugang 2020:

Die 2-Zimmer- Wohnung in Starnberg

Die Stiftung ist nur Eigentümerin der Wohnung, Grund und Boden gehen nach etwa 50 Jahren in den Besitz einer Firma über, an die die Stadt Starnberg das Erbbaugrundstück verkauft hat. Die Wohngemeinschaft besteht aus zwei BISS-Verkäufern, die auch nach Dienstschluss Deutsch üben können, denn ihre Muttersprachen sind Slowakisch und Rumänisch.

Zugang 2021:

Die 2,5-Zimmer-Wohnung in Martinsried

Diese Wohnung haben wir der Großzügigkeit einer Gönnerin von BISS zu verdanken. Sie verkaufte uns die Wohnung zum Marktpreis, wir mussten aber nur 25 % bezahlen und durften den Rest mit einer Spendenquittung begleichen. Die Mieter haben wir zu den alten Bedingungen übernommen.

Zugang 2021:

Das Appartement in Laim

In die zweite Wohnung, die wir in Laim erwerben konnten, ist ein BISS-Verkäufer eingezogen, der zuvor lange in einer Pension gelebt hatte.

Zugang 2022:

Die 4-Zimmer-Wohnung in Hadern

Diese Wohnung war Teil der Erbschaft, die wir Anfang 2022 erhalten haben (siehe Artikel S. 22). Die Mieter, eine Familie, die schon seit 2015 dort wohnte, wurden zu gleichen Bedingungen übernommen.

Zugang 2022:

Das Appartement in Berg am Laim

Dieses Appartement hatte der Verein BISS 2015 von einer Unterstützerin angemietet, es hergerichtet und untervermietet an einen BISS-Verkäufer. Die Eigentümerin hatte damals versprochen, das Appartement später an die Stiftung BISS zu verkaufen. Sie hat Wort gehalten! Der Verkäufer hat jetzt einen festen Arbeitsplatz anderswo, aber er bleibt weiterhin Mieter.

 

Wie kann man die Stiftung beim Kauf von geeigneten Immobilien zur Versorgung und Betreuung armer, ausgegrenzter Menschen unterstützen?

  • mit Spenden, die zum Kauf beitragen
  • Mit Schenkungen, Vermächtnissen, Erbschaften
  • Mit einem moderaten Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement
  • Mit einem Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement zum Marktpreis, das die Stiftung ganz oder teilweise mit einer Spendenquittung begleichen kann

Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft

Stiftung BISS, Konto-Nr. 8872700, BLZ: 370 205 00
IBAN: DE12 3702 0500 0008 8727 00
BIC: BFSWDE33XXX

www.stiftungbiss.de
info@stiftungbiss.de

Stiftung BISS, Metzstraße 29, 81667 München
Telefon über BISS e. V.:
089 332033 / Frau Denninger
Mobil: 0160 4424367

Zweck der gemeinnützigen und mildtätigen Stiftung BISS sind die Förderung der Wohlfahrtspflege sowie der Ausbildung und Qualifizierung von Menschen in sozialen Schwierigkeiten und die Durchführung und Unterstützung von Projekten und Maßnahmen, die der Betreuung sowie der Integration dieser Menschen in die Gesellschaft dienen. Die Zwecke werden insbesondere verwirklicht durch Unterstützung der Zielgruppe bei der Beschaffung von geeignetem Wohnraum und Hilfestellung bei der Lebensgestaltung.

Bisher beschaffter Wohnraum:

Stiftungseigene Wohnungen: 11
BISS-eigenes Haus: 1
Angemietete Wohnungen: 13
Wohnplätze für insgesamt: 49 Personen

Die Stiftung BISS braucht Ihre Unterstützung.
Nur gemeinsam können wir etwas bewegen.

Vorstand:

Hildegard Denninger (Vorsitzende),
Dr. Giovanna Runggaldier

Stiftungsrat:

Richard Matzinger (Vorsitzender),
Dipl.-Ing. Bert Kühnöhl,
Prof. Dr. Joachim Braun