24.01.2020 - Das Fenster zum Hof

Da die Wohnung Hochparterre liegt, kann man der neuen Mieterin schon von draußen durchs Küchenfenster grüß Gott sagen

Die Mieterin

 

Text: Hildegard Denninger
Fotos: Rainer Viertlböck

Erau K. kam im März 2017 zu BISS und besucht seitdem regelmäßig den Sprachkurs, den meine Vorstandskollegin Frau Runggaldier jeden Mittwoch für BISS-Verkäufer und -Verkäuferinnen zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse abhält. Im Mai 2019 wurde Frau K. angestellt. Davor hatte sie zusammen mit ihren Eltern und vier weiteren Verwandten in einer Zweizimmerwohnung gelebt, in einem, wie sie sagte, lauten Haus in lauter Umgebung. Als ich ihr im Mai die Wohnung zeigte, brach die Begeisterung schon auf dem Weg von der Trambahn- Haltestelle zur Wohnung durch. „Was für eine schöne Gegend, so ruhig und so viel Grün“, meinte sie und strahlte über das ganze Gesicht. Die Wohnung war ziemlich abgewohnt und renovierungsbedürftig, aber das trübte ihre Laune nicht. Ja, ja, ja, die Wohnung möchte sie sehr gern haben und bitte, bitte, bald.

Glücklicherweise hatten wir schon Anfang des Jahres unseren Wunsch-Architekten Christian Herde für die Planung und Durchführung der Sanierung gewinnen können. So war gesichert, dass ökologisch sinnvolle Vorschläge gemacht würden, mit zuverlässigen, guten Handwerkern gearbeitet und der Kostenplan nicht überschritten werden würde. Und so geschah es dann auch. Frau K., die ja die Wohnung im alten Zustand schon gesehen hatte, hielt den Atem an, als wir ihr die renovierte Wohnung zeigten: links vom Eingang die winzige, neue Küche mit Herd, Spüle, Unter- und Oberschränken und einem Fenster zum Hof. Rechts gegenüber das neue, weiß gekachelte Bad. In einer Nische im Gang die Waschmaschine und der Kühlschrank. In den beiden Zimmern Holzböden, Stores, altrosafarbene Vorhänge und helle Lampen. (Küche, Bad, Lampen und Vorhänge gehören zur Standard-Ausrüstung einer BISS-Wohnung). Die großen Grünfläche mit Bäumen. Die Straße vor dem Haus ist wenig befahren.

In den Zimmern waren außer einem Einbauschrank noch keine Möbel. Betten, Tisch, Stühle und zwei Sideboards waren von der Familie zwar schon bestellt und bezahlt worden, sollten aber erst Ende September geliefert werden. Aber darauf wollten sie nicht warten. Und so zogen sie Ende Juli ein und schliefen auf dem Boden: Frau K. im kleineren Zimmer, der Vater, der zuvor im Krankenhaus gewesen war, und die Mutter, die kaum laufen und schlecht sehen kann, im größeren Durchgangszimmer, das ihr Schlafzimmer und zugleich auch Wohn- und Esszimmer ist.

Als die Möbel angeliefert und alle Ämtergänge von der Familie erledigt worden waren, besuchten wir sie im Oktober zusammen mit dem Fotografen Rainer Viertlböck. Frau K. strahlte über das ganze Gesicht, umarmte einen nach dem anderen, als wollte sie uns nicht mehr loslassen. Dann wurden Kuchen, Süßigkeiten und Getränke angeboten, bis nichts mehr auf dem Tisch Platz hatte. Unser Fotograf war ebenso gerührt wie wir. Er bildet gewöhnlich die sozialen Pole unserer Welt ab. Kontaminierte Landschaften, Konzentrationslager oder Industriebrachen und im Gegensatz dazu fotografiert er Architekturpaläste oder Häuser und Wohnungen von vermögenden Leuten weltweit – kann also Vergleiche ziehen zwischen den Wohnungen und den Menschen. Er meinte, dass man so eine Herzlichkeit und Offenheit wie die von Frau K. heute nur noch selten in unserem Kulturkreis findet. Und schon deshalb sei er froh, BISS und seine Verkäuferinnen und Verkäufer kennengelernt und fotografiert zu haben. Nachdem alle Fotos im Kasten waren, gingen wir glücklich von dannen und Frau K. winkte uns noch mal vom Küchenfenster aus zu.

Unsere Verkäuferin Frau K. zog zusammen mit ihren Eltern Ende Juli 2019 in die kleine stiftungseigene Zweizimmerwohnung in Laim ein. Obwohl noch keine Möbel da waren, war es für die drei wie ein Umzug ins Paradies

Die Mieterin

Die Mieterin
Die Familie besorgte die Möbel, ein BISS-Kunde spendierte den Fernseher und stellte gleich die Programme ein

Und wie sieht es bei den anderen fünf stiftungseigenen Wohnungen aus?

Die Wohnung in Solln

Diese Wohnung, die die Stiftung 2016 dankenswerterweise von einer Gönnerin von BISS erwerben konnte, wurde umgebaut, um darin unsere erste BISS-Wohngemeinschaft unterzubringen. Seitdem wohnen drei BISS-Verkäufer dort. Der erste WG-Bewohner, Herr P., der im November 2016 eingezogen war, konnte schon im Juli 2017 ein eigenes Appartement anmieten. Das Angebot kam von einem BISS-Leser. Seinen Platz hat nun Herr V. eingenommen, sein 80-jähriger Kollege, der ebenfalls aus Rumänien kommt und vorher obdachlos war. Herr V., eine Seele von Mensch, ist hier richtig aufgeblüht. Seine Augenoperationen hat er gut überstanden und mit seinen beiden Kollegen, die sehr fürsorglich mit ihm umgehen, verträgt er sich gut. Die Mietverträge sind befristet, denn eigentlich hatten wir BISSler uns vorgestellt, dass die Unterbringung in der WG nur vorübergehend ist, danach würden unsere Verkäufer eine eigene kleine Wohnung finden und der Platz in der Wohngemeinschaft würde wieder für andere Notfälle frei werden – aber der Münchner Wohnungsmarkt lässt das nicht zu.

Das Appartement in Berg am Laim

Das Appartement ist wie die Wohnung in Solln zum Übergang gedacht. Wir erwarben es 2017 ebenfalls von einer treuen BISS-Leserin. Nach der Renovierung zog unsere Verkäuferin Frau B. im Oktober 2017 ein und wohnt seitdem dort mit ihrem kleinen Hund und ihrer viel benutzten, geliebten Waschmaschine. Auch sie sucht noch nach einer kleinen Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag.

Die drei Wohnungen in Laim, Solln und Berg am Laim werden von Sozialpädagogen und ehrenamtlichen Helfern betreut. Je nachdem, was die Bewohner brauchen, werden Strategien zur Bewältigung des Alltags vermittelt. Das geht vom Benutzen der Geräte, Putzen, Vorratshaltung bis hin zur Anmeldung bei Behörden, Abwicklung der Bankgeschäfte, Hilfe bei Ämtergängen und Aufarbeitung der Vergangenheit.

Drei Wohnungen waren an Außenstehende vermietet:

Das Appartement in Sendling/Westpark

Dieses Appartement haben wir 2013 von Freunden und Gönnern von BISS, einem Geschwisterpaar, geschenkt bekommen. Den langjährigen Mieter haben wir ohne Mieterhöhung übernommen, sehr zur Freude und ganz im Sinne der beiden Schenkenden.

Das Appartement in Obersendling

Ebenfalls von einer Gönnerin von BISS haben wir 2015 das Appartement in Obersendling gekauft. Auch hier haben wir den bedürftigen Mieter, einen Senegalesen, der schon viele Jahre in einem gastronomischen Betrieb in München arbeitet, ohne Änderung der Bedingungen übernommen.

Die Wohnung in Karlsfeld

Diese Wohnung wurde vereinbarungsgemäß bis August 2019 von den vorigen Eigentümern bewohnt, die dafür eine entsprechende Nutzungsgebühr bezahlten und danach umzogen in ihr neues Haus. Wir sind nun dabei, die Wohnung zu sanieren, was jedoch aufgrund der guten Auftragslage in der Baubranche noch etwas dauern kann. Wir hoffen jedoch, dass es bis zum Frühjahr klappt und eine bedürftige Familie mit zwei kleinen Kindern dort einziehen kann. Die Wohnung ist nur fünf Minuten von der S-Bahn entfernt und Kindergarten und Schulen sind in unmittelbarer Nähe.

Zum guten Schluss

Zur positiven Bilanz des letzten Jahres gehört nicht nur der Kauf einer Wohnung, sondern auch die finanzielle Unterstützung mehrerer Schul- und Ausbildungsprojekte. Die Zusammenarbeit mit Karin Lohr, der Geschäftsführerin von BISS, mit meiner Vorstandskollegin Giovanna Runggaldier und unserem Stiftungsrat war wie immer eng und vertrauensvoll und so werden wir das auch künftig halten. Mein Mann, der Sozialarbeiter und Berater, ist nun auch Rentner, aber er wird auf unsere dringende Bitte hin weiter die stiftungseigenen Wohnungen sowie Wohnungen, die der Verein BISS angemietet hat, betreuen. Nachdem wir beide immer gemeinsam für das Projekt BISS gearbeitet haben, möchte ich jetzt in der Stiftung BISS nicht auf seine Arbeit verzichten. Nach 26 Jahren würde ich mich sonst doch recht einsam fühlen. Deshalb, liebe Freunde, lassen Sie uns gemeinsam weitermachen. Zusammen bilden wir ein starkes Netzwerk! Es wäre schön, wenn bei der Stiftung jedes Jahr eine, gerne auch mehrere Wohnungen dazukommen würden. In all unseren Wohnungen leben Menschen, die ein schweres Leben hatten und dort endlich einmal die Chance haben, zur Ruhe zu kommen. Dafür lohnt es sich zu engagieren, denn die Freude dieser Menschen ist ansteckend und wärmt auch uns das Herz.

Wie kann man die Stiftung beim Kauf von geeigneten Immobilien zur Versorgung und Betreuung armer, ausgegrenzter Menschen unterstützen?

  • mit Spenden, die zum Kauf beitragen
  • mit Schenkungen
  • mit einem moderaten Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement, das die Stiftung bezahlen kann
  • mit einem Kaufangebot für eine Wohnung oder ein Appartement zum marktüblichen Preis, das die Stiftung mit einer Spendenquittung begleichen kann

Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft

Stiftung BISS
Kontonummer: 8872700
BLZ: 370 205 00
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BIC: BFSWDE33XXX

www.stiftungbiss.de
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Telefon über BISS e. V.:
089 332033 / Frau Denninger

Zweck der gemeinnützigen und mildtätigen Stiftung BISS sind die Förderung der Wohlfahrtspflege sowie die Ausbildung und Qualifizierung von Menschen in sozialen Schwierigkeiten und die Durchführung und Unterstützung von Projekten und Maßnahmen, die der Betreuung sowie der Integration dieser Menschen in die Gesellschaft dienen … Die Zwecke werden insbesondere verwirklicht durch Unterstützung der Zielgruppe bei der Beschaffung von geeignetem Wohnraum und Hilfestellung bei der Lebensgestaltung.

Bisher beschaffter Wohnraum:

Stiftungseigene Wohnungen: 6
Wohnplätze insgesamt: 26

Die Stiftung BISS braucht Ihre Unterstützung. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen.

Vorstand:

Hildegard Denninger (Vorsitzende),
Dr. Giovanna Runggaldier

Stiftungsrat:

Richard Matzinger (Vorsitzender),
Dipl.-Ing. Bert Kühnöhl,
Prof. a.D. Dr. Joachim Braun